Gabriela Eberhard
hat eine Interpellation zur Befalggung der Stadt zur Pride 2025 eingereicht.
Theo Büsser zeigt den Teilnehmenden der Stadtführung, wo die Autobahn einst ursprünglich hätte durchführen sollen. tb
Im Rahmen des städtischen 1200-Jahr-Jubiläums wird den Teilnehmenden an Stadtführungen Wissenswertes rund um die Geschichte Gossaus vermittelt. Insgesamt drei Führungen erfolgen mit dem Velo. Geleitet werden diese von Theo Büsser, Gaby Krapf, Urs Salzmann und Franz Würth.
Stadtführung Auf dem Vorplatz des Freibads begrüsst Stadtführer Theo Büsser seine zehnköpfige Gruppe, die mit dem Velo gut zwölf Kilometer zurücklegen und dabei bei verschiedenen Zwischenhalten Wissenswertes zur Entwicklung von Gossau erfahren wird. Der 77-Jährige, der in Gossau aufgewachsen ist und hier über mehrere Jahrzehnte als Hausarzt gearbeitet hat, reichert die historischen Fakten immer wieder mit persönlichen Erinnerungen und Anekdoten an. Direkt neben der grossen Baustelle für die Sportwelt berichtet Büsser, dass der Sportplatz einst aus zwei Plätzen bestand, wobei auf Platz 2 auch Feldhandball gespielt wurde. Fürs Freibad nebenan wurde der Oberdorfbach gestaut. „Das Becken hatte eine spezielle Form, die man sonst nirgends findet. Es war 60 Meter lang, aber nur rund 10 Meter breit“, erinnert sich Büsser. Im Winter habe das Schwimmerbecken als Eisfeld gedient. In Gossau war sogar ein Eishockeyclub ansässig. Da in der konservativen Gemeinde im Freibad bis in die 1960er-Jahre eine strikte Geschlechtertrennung aufrechterhalten wurde, wichen Büssers teilweise aus. „Meine Eltern waren liberal eingestellt. So nahmen wir den Zug nach Bischofszell, weil man dort als Familie gemeinsam baden konnte“, erzählt Büsser.
Nach einer kurzen Fahrt Richtung Osten berichtet der Stadtführer mit Blick auf die Rainhalde: „Hier fuhren wir früher Ski, als es in Gossau noch Schnee hatte. Zu Beginn sind wir zu Fuss aufgestiegen, 1969 wurde auf private Initiative ein Schlepplift montiert.“ In der Region habe es nur einen längeren Skilift gegeben, und zwar in Appenzell. „Einmal pro Winter durften wir mit dem Vater dort Skifahren gehen“, berichtet Büsser. Über den Feldweg geht es vorbei an den Industriebauten Richtung Oberdorf. In seiner Jugendzeit habe es hier nur einige Bauernbetriebe gegeben, erst in den 1960er-Jahren siedelten sich die Grossverteiler in Gossau an. Vom Oberdorf, das erst seit der Kantonsgründung 1803 zur Gemeinde Gossau gehört, führt eine steile Strasse rauf zum Schloss Oberberg. Nun sind jene im Vorteil, die im Aufstieg auf elektrische Unterstützung zählen können. Oben angekommen, erzählt Büsser vom Protest gegen den Waffenplatz, der sich hier 1989 formierte und mehrere Jahre anhielt. „Dank dem Widerstand haben wir hier ein wertvolles Natur- und Naherholungsgebiet erhalten“, erklärt Büsser. Im Winter eigne sich das Gebiet herrlich zum Schneeschuhlaufen.
Der nächste Halt wird beim Parkplatz des Walter Zoos eingelegt. Hier erzählt der Gruppenleiter, wie sich der Zoo über die letzten 60 Jahre zu einem der beliebtesten Ausflugsziele in der Ostschweiz entwickelt hat und wie die Entwicklung mit dem Masterplan 2040 weitergehen soll. Büsser zeigt ausserdem auf das Wasserreservoir Neuchlen und hält einen kurzen Exkurs zur Wasserversorgung in Gossau. 1,6 Mrd. Liter Trinkwasser verbraucht Gossau im Jahr, wobei dieses zu drei Vierteln aus Grundwasser stammt. Beim nächsten Halt bei der Autobahnbrücke Mattenwald erfahren die Teilnehmenden mehr über die Siedlungsentwicklung in Gossau. In den 1960er-Jahren entstanden im bis damals unbesiedelten Mettendorf die sogenannten Pfister-Blöcke, in denen Büsser selbst mehrere Jahrzehnte seine Hausarztpraxis führte. Im Gebiet Hofegg entstanden in dieser Zeit auch zahlreiche Wohnungen. 1970 wurde die Pauluskirche eingeweiht, zwei Jahre später der Friedhof Hofegg. „Aufgrund des lehmigen Bodens rund um die Andreaskirche verwesten die Leichen im alten Friedhof sehr schlecht“, berichtet Büsser.
Weiter geht es Richtung Sonnegg und anschliessend zu den „Tisch und Bänken“. Hier erzählt Büsser, dass die Autobahn ursprünglich rund 450 Meter weiter südlich hätte verlaufen sollen. Hätte der damalige Gossauer Gemeindeammann Jacques Bosshart die Pläne nicht vehement bekämpft, Gossaus Siedlungsgebiet wäre heute zweigeteilt und die bauliche Entwicklung hätte nie in dieser Form stattfinden können. Nach einer kurzen Abfahrt erfolgt der nächste Halt auf dem Pausenplatz des Notkerschulhauses. Hier berichtet Büsser über die konfessionelle Trennung der Schulen, die in Gossau bis 1977 Bestand hatte. „Das Haldenbüel war als Schulhaus der Protestanten Feindesland. Wir haben uns gegenseitig aufs Dach gegeben“, erinnert sich Büsser und erzählt schmunzelnd, dass es ihn noch viele Jahre später Überwindung gekostet habe, im Haldenbüel einen Schulbesuch zu machen, als sein ältester Sohn dort zur Schule ging. Vom Notki über das Gymnasium Friedberg, in dem Büsser die Matura machte, geht die Fahrt nun just am Haldenbüel vorbei zum ehemaligen Bedaschulhaus. Hier erzählt Büsser unter anderem, dass im alten Zollhaus Zölle zu entrichten hatte, wer Güter von St.Gallen nach Wil oder umgekehrt liefern wollte.
Nach einem letzten Aufstieg über die Bot Künzlestrasse hinauf zum Stadtbühlpark erzählt Büsser, dass hier Ende des 18. Jahrhunderts das Zentrum der Gossauer Revolutionäre gewesen sei, die sich gegen den Fürstabt auflehnten. „Im Stadtbühlpark spielte sich damals das gesellschaftliche Leben ab“, erzählt Büsser. Dann geht es vorbei an der Goldzackhalle, die als „Kulturgut von nationaler Bedeutung“ eingestuft ist und einst „ein Pflichttermin für jeden Architekturstudenten“ war, wie sich Büsser erinnert. Nach zwei unterhaltsamen Stunden folgen am Bahnhof die letzten Informationen zur 2009 auf dem ehemaligen Areal der Butterzentrale Gossau entstandenen Überbauung Perron 3 und zum traditionellen Restaurant Quellenhof, das der Brauerei Schützengarten gehört, weshalb hier lange kein anderes Bier ausgeschenkt werden durfte.
Die weiteren beiden Stadtführungen mit dem Velo finden am Donnerstag, 20. Juni, (ausgebucht, Anfragen für Warteliste werden entgegengenommen) und am Mittwoch, 28. August, jeweils um 19 Uhr statt. Stadtführungen zu Fuss werden am grossen Jubiläumswochenende vom 14. – 16. Juni und von August bis Dezember wiederholt durchgeführt. Infos: gossau2024.ch
tb
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