Michelle Kolb
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Pakize Sönmez heisst die neuste FDP-Vertreterin in der Gossauer Legislative. Die 41-Jährige mit einer besonderen Familiengeschichte möchte sich für Gossau als attraktiven Standort und Lebensraum einsetzen. Sie ist seit 2018 politisch aktiv.
Parlament «Durch meinem beruflichen Hintergrund erhalte ich täglich Einblicke in verschiedene Gesellschaftsschichten und Lebensgeschichten, was mein breites Interesse verstärkt», erklärt Pakize Sönmez, die bei der IV als Beraterin für Berufliche Integration arbeitet. In ihrer Klientel, die sie auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt oder während des Gesundungsprozesses begleitet, seien vom CEO bis zum Sozialhilfeempfänger alle möglichen Menschen vertreten. «Ich erhalte Einblick in ganz unterschiedliche Lebenssituationen, was bei politischen Entscheidungen sicher hilfreich ist», findet Sönmez, die vor vier Jahren erstmals für den Kantonsrat und ein halbes Jahr später auch fürs Stadtparlament und den Schulrat kandidiert hat. Die Kandidatur für den Schulrat war nicht von Erfolg gekrönt, im Parlament konnte Sönmez jetzt für den zurückgetretenen bisherigen Fraktionspräsidenten Sandro Contratto nachrutschen. Sie wolle zunächst aktiv im Parlament Fuss fassen und «die Schuhe, die mir übergeben wurden mit bestem Wissen und Gewissen einlaufen.» Zudem würde es sie mit Stolz erfüllen, Gossau auch im Kantonsrat vertreten zu können, erklärt Sönmez zu ihren politischen Ambitionen. Bei den anstehenden Wahlen im März kandidiert die Gossauerin zum zweiten Mal für den Kantonsrat. Dass sie dies für die FDP tut, erklärt Sönmez mit den liberalen Werten, die ihr von klein auf mitgegeben worden seien und die sie bis heute prägten. Schliesslich hätten sie aber auch Bekanntschaften dazu bewegt, 2018 der FDP Gossau-Arnegg beizutreten, räumt die Neoparlamentarierin ehrlich ein und sagt: «Ich bin überzeugt, dass es nicht nur einen Grund gibt, warum man sich für eine Partei entscheidet.» In ihrer Partei fühle sie sich sehr gut aufgehoben und abgeholt, erklärt Sönmez, die sich seit 2019 im Vorstand der Ortspartei engagiert. «Wir haben es sehr gut im Vorstand. Ich übernehme gerne Aufgaben für die Partei und bin überall gerne mit dabei. Das wird geschätzt, was mich natürlich freut», erzählt sie. Auch im Frauennetz Gossau engagiert sich Sönmez im Vorstand. Seit letztem Jahr leitet sie in der Vereinigung ausserdem die überparteiliche Gruppe, die jeweils im Hinblick auf die Kommunalwahlen mögliche Kandidatinnen unterstützt.
Dass sie sich überhaupt politisch engagiert, erklärt Sönmez folgendermassen: «Politik war schon immer ein Teil meiner Ursprungsfamilie sowie der Pflegefamilie, in der ich aufgewachsen bin. Mein Interesse ist im Laufe der Zeit gewachsen, ich habe viel gelesen, um die Zusammenhänge zu verstehen.» Als Tochter türkischer Gastarbeiter wurde Pakize die ersten Jahre bei einer Schweizer Familie in Appenzell fremdplatziert. «Meine leiblichen Eltern planten ursprünglich, die Schweiz bald wieder zu verlassen. Doch es kam anders und so holten sie mich als Sechsjährige nach Gossau», erzählt die heute 41-Jährige. Der Kontakt zur Pflegefamilie sei allerdings nie abgebrochen. «Ich hatte zwei Mamis und zwei Papis. Auch meine Kinder sagten zu meinen Pflegeeltern Oma und Opa», beschreibt Sönmez die enge Bindung. Inzwischen sind die Pflegeeltern verstorben und die leiblichen Eltern vor zehn Jahren doch noch in die Türkei zurückgekehrt. «Es hat lange gedauert, aber sie haben es doch noch geschafft», erzählt sie lachend. Nun politisiert Sönmez unter anderem mit ihrem Mann, der wie sie türkische Wurzeln hat und ebenfalls in Appenzell wohnhaft war.
«Schliesslich habe ich mich entschieden, dass ich nicht nur Zuschauerin sein, sondern mitarbeiten möchte! Ich will nicht nur reden, sondern konkret etwas für die Gemeinschaft tun», stellt Sönmez fest. Ihr Ziel sei, die Anliegen der Menschen zu vertreten und positive Veränderungen mitzugestalten: «Politik ist für mich mehr als Theorie – es ist eine Möglichkeit, aktiv etwas für die Gesellschaft zu bewirken.» In Bezug auf Gossau wolle sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt weiterhin ein attraktiver Standort und Lebensraum bleibe. Ihr Ziel sei, an der Gestaltung einer lebenswerten Umgebung mitzuwirken und die Vielfalt der Bedürfnisse in der Gesellschaft zu berücksichtigen. «Die Themen, die mir besonders am Herzen liegen, sind vielfältig und spiegeln meine langjährige Erfahrung als berufstätige Mutter wieder. Meine Leidenschaft erstreckt sich über alle Bereiche, die mich während meiner beruflichen Tätigkeit im Alltag bewegen», schliesst die Freisinnige.
Von Tobias Baumann
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