Michelle Kolb
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Der städtische Haushalt schliesst 2023 mit einem Plus von rund 950'000 Franken ab. Das operative Ergebnis liegt allerdings 4,3 Mio. Franken im Minus. Der Mehraufwand kann durch die höheren Steuereinnahmen und den gesteigerten Finanzertrag nicht kompensiert werden.
Jahresrechnung «Das leicht defizitäre Betriebsergebnis von 2022 hat sich 2023 zu einem Defizit von 4,3 Millionen Franken verschlechtert», schreibt Stadtpräsident Wolfgang Giella im Vorwort zum Geschäftsbericht 2023. Dabei bezieht er sich auf das operative Ergebnis vor dem gesetzlichen Bezug der Aufwertungsreserve. Diese wird noch bis 2032 zur Verfügung stehen und dann das strukturelle Defizit in der Jahresrechnung nicht mehr kompensieren können. 2023 ist der betriebliche Aufwand gegenüber 2022 um weitere 6,37 Mio. Franken angestiegen. Er wird für 2023 mit 114,13 Mio. Franken ausgewiesen. Ein Mehraufwand musste insbesondere in den Bereichen Bildung, Pflege, Asyl und Energie verzeichnet werden. So stiegen beispielsweise die Ausgaben für die stationäre Pflege innerhalb eines Jahres um weitere 12 Prozent auf inzwischen vier Millionen Franken. Die Kosten für die Sozialhilfe stiegen gar um 23 Prozent auf rund 2,5 Millionen Franken.
Der Personalaufwand erhöhte sich 2023 um 1,7 Mio. Franken, der Sachaufwand um 1,1 Mio. Franken. Die wesentlichen Auslöser für den höheren Aufwand in diesen Bereichen sind zusätzliche Schulklassen, die Energiekosten sowie Mietausgaben für Asylsuchende. Am stärksten gestiegen ist mit 2,7 Mio. Franken der Transferaufwand.
⋌Fortsetzung auf Seite 3
«Hier beschränkt sich die Leistung der Stadt Gossau auf das Finanzieren oder Mitfinanzieren von Aufgaben, ohne Einflussmöglichkeit auf die Höhe der Ausgaben. Ursache für den Anstieg sind insbesondere die Beiträge für die Pflegefinanzierung, die Sozialhilfe sowie Zahlungen an die Schulgemeinde Andwil-Arnegg und an die Mädchensekundarschule», schreibt die Stadt. Der Stadtrat beurteile den gegenüber dem Budget um rund drei Millionen Franken höheren nicht planbaren Mehraufwand als alarmierend. Zwar stieg auch der betriebliche Ertrag an, doch mit rund 650'000 Franken bei weitem nicht so stark wie der betriebliche Aufwand. Der Fiskalertrag erhöhte sich rund 200'000 Franken. Stadtpräsident Wolfgang Giella geht davon aus, dass die Steuereinnahmen mit rund 65 Mio. Franken eine Höhe erreicht haben, mit der die Stadt zwar die nächsten Jahre weiterhin rechnen könne, die aber nicht mehr deutlich wachsen werde.
Zufrieden zeigte sich der Stadtpräsident mit den getätigten Investitionen von 12 Mio. Franken. Damit befinde sich der Investitionsanteil innerhalb der anzustrebenden Grösse zwischen 10 und 20 Prozent. Zu hohe Investitionen brächten den Stadthaushalt in Schräglage, zu tiefe führten zu einem Investitionsstau, für den man in der Zukunft bezahlen müsse.
Weniger erfreulich ist der Rückgang des Cashflows auf noch rund 2,5 Millionen Franken. Damit konnten 2023 gut ein Fünftel der Nettoinvestitionen mit Eigenmitteln aus dem Geschäftsjahr finanziert werden. Der Stadtpräsident wies auch auf das nach wie vor gute Eigenkapital der Stadt hin, das Ende 2023 177 Mio. Franken betrug. Allerdings werde dieses ohne Gegenmassnahmen bis 2028 um rund 30 Prozent abnehmen. Zunehmen werden ab 2027 dagegen die Abschreibungen, und zwar um rund 2 Mio. Franken pro Jahr. Auch diese Summe müsse man wieder irgendwo in der Rechnung unterbringen.
Die Stadtwerke erzielten 2023 ein operatives Ergebnis von knapp 900'000 Franken. Nach Ablieferung von fast drei Mio. Franken an den Stadthaushalt resultierte ein Defizit im Gesamtergebnis von 2,15 Mio. Franken. Dieses fällt rund 650'000 Franken höher aus als im Vorjahr und wird mit dem generellen Rückgang des Energieverbrauchs sowie den stark volatilen Preisen am Gasmarkt erklärt. Das Defizit der Stadtwerke wird über die Reserven gedeckt. Das Eigenkapital der Stadtwerke beträgt so per Jahresende 55,5 Mio. Franken.
Wolfgang Giella fokussiert für die kommenden Jahre auf vier finanzpolitische Herausforderungen. Erstens umfassten die anstehenden Investitionen der Stadt weit über 150 Mio. Franken, so dass eine Priorisierung vorgenommen werden müsse. Zweitens werde die Gesellschaft auch in Gossau immer älter, was man nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch bei den Sozialausgaben spüren werde. Drittens bewegten sich die Stadtwerke in einem dynamischen und herausfordernden Marktumfeld und die bisherige Ablieferungspraxis an den Stadthaushalt müsse überprüft werden. Als vierten Punkt erwähnt der Stadtpräsident die sinkenden Kirchensteuern aufgrund der Kirchenaustritte. Die Landeskirchen würden sich vermehrt aus Projekten zurückziehen. Dies geschehe in Gossau bei der Stadtbibliothek und sei schon bei der Kita erfolgt. Dies könne in Zukunft ebenfalls zu Mehrbelastungen für die Stadt führen.
Von Tobias Baumann
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