Dorji Tsering
über seine Flucht aus Tibet und die Herausforderungen in der Schweiz.
Nur 64 Stimmen mehr und es wäre ein Ja geworden: Die Herisauerinnen und Herisauer haben die Sanierung und Neugestaltung von Obstmarkt und Platz ganz knapp abgelehnt. Peter Künzle, zuständiger Gemeinderat, zeigt sich enttäuscht.
Abstimmung Er hatte sich ein anderes Ergebnis erhofft: Man sieht Gemeinderat Peter Künzle an, dass die Ablehnung zur Neugestaltung und Sanierung von Obstmarkt und Platz für ihn eine herbe Enttäuschung ist. Dies gilt auch für Gemeinde- und Einwohnerrat. Doch nicht nur die Räte zeigen sich enttäuscht, auch viele Stimmberechtigte äusserten ihren Unmut. «Ich habe noch selten so viele Reaktionen nach einer Abstimmung erhalten. Dabei war viel Frust und Wut zu spüren, auch darüber, wie der Abstimmungskampf geführt wurde – mit Aussagen, die nicht korrekt waren», sagt Künzle. Die Anspannung am Sonntag sei gross gewesen. «Ebenso riesig war die Erwartung – die Enttäuschung im Anschluss dafür auch umso grösser», blickt Künzle auf die Abstimmung zurück. Kurz vor zwei Uhr habe man endgültige Gewissheit gehabt, wie die Herisauerinnen und Herisauer sich entschieden haben: Die Stimmberechtigten haben den Kredit über 8,81 Millionen Franken für die Neugestaltung und Sanierung des Obstmarktes und Platzes hauchdünn abgelehnt. 2'365 Stimmberechtigte sprachen sich dafür aus, 2'429 oder 50,7 Prozent dagegen. Gemeinderat und Einwohnerrat hatten die Vorlage zur Annahme empfohlen. Die Stimmbeteiligung betrug 49,09 Prozent.
«Mein erster Gedanke war 'einfach nein', gefolgt von einer riesigen Leere. Es wird kein besseres Projekt kommen als jenes, welches wir vorliegen hatten», ist Künzle überzeugt. Der Gemeinderat werde in den kommenden Monaten das weitere Vorgehen beraten. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stehe zudem in der Pflicht, die Bushaltestellen behindertengerecht zu gestalten. «Was sicher ist: Es wird in den kommenden Jahren kein neues Projekt zur Neugestaltung von Obstmarkt und Platz kommen», so Künzle. Komme es je zu einem Neustart, werde man sicher mehr Geld in die Hand nehmen müssen, so Künzle. Das Projekt, welches vorlag und über dessen Kredit die Herisauer abgestimmt haben, nahm sechs Jahre Arbeit in Anspruch und hat die Gemeinde rund eine Million Franken gekostet. «Es war sehr viel Arbeit, die auch Freude bereitet hat. Das alles ist nun zerstört», meint Künzle. 40 Planerinnen und Planer waren mit dem Projekt betraut. Die getroffenen Vereinbarungen mit den Liegenschaftsbesitzern sowie mit den Betreibern der Tiefgarage Gutenberg sind mit dem Nein nun ebenfalls hinfällig. «Nimmt man es genau, ist das Ganze eigentlich schon mit der Zukunftswerkstatt und dem partizipativen Prozess 2013 losgegangen. Es gab Workshops, in denen ausgearbeitet wurde, wie unser Dorf künftig aussehen soll. All das wurde über die Jahre weiterentwickelt und in das Projekt aufgenommen», so Künzle. Man habe die Bevölkerung seit Tag eins mitgenommen und Rückmeldungen eingeholt. «Ich weiss nicht, was wir hätten anders machen können», zeigt sich Künzle konsterniert.
Dass nur 64 Stimmen zu einem positiven Ergebnis gefehlt haben, frustriere ihn nicht zusätzlich. «Wir haben es nicht geschafft, eine Mehrheit zu überzeugen. Die Differenz macht für mich persönlich keinen Unterschied, abgelehnt ist abgelehnt. Mir tut es für alle Personen sehr leid, die sich engagiert haben, dass es fast gleich viele Pro- wie Contra-Stimmen waren», so Künzle. Er habe gehofft, dass jene den Platz zurückerhalten würden und für sich auch nutzen könnten. «Ich konnte in den vergangenen Wochen nicht mehr durchs Dorf laufen, ohne dass ich auf die Abstimmung angesprochen wurde», sagt der Gemeinderat. Viele dieser Personen meinten, endlich sei es soweit und wie wichtig es sei. «Darum ist für mich sehr unverständlich, was nun passiert ist.» Es war das erste Mal überhaupt, dass ein ausgearbeitetes Projekt für den Obstmarkt vorlag. Diskutiert wird darüber aber schon fast 50 Jahre. Bei einem allfälligen Neustart müsste erneut rund eine Million ausgegeben werden – ob sich der Bund mit dem Agglomerationsprogramm dann erneut beteiligen würde, ist unklar. Bei einem Ja wäre damit zu rechnen gewesen, dass die Gemeinde mit Geldern von Bund und Kanton rund 5,8 Millionen hätte investieren müssen.
Weshalb die Mehrheit nicht überzeugt werden konnte, sei schwer zu sagen. «Die schwierigsten Punkte, von denen die Leute überzeugt werden sollen, sind bei solchen Projekten immer die Veränderungen, das Geld und die Details. Ein Projekt in dieser Dimension wird das immer mit sich bringen», ist Künzle sicher. Trotz Enttäuschung gehöre das zu einer Demokratie. «Es ist aber sicher im ersten Moment nicht förderlich für die Motivation, wenn ein Projekt in solcher Qualität und Dimension versenkt wird», gibt Künzle zu und fügt an: «Eine riesige Chance wurde verpasst. Jetzt fangen wir an, in Herisau zu flicken. Denn die Sanierungen bei Belägen und Werkleitungen sowie die neue Bushaltekante müssen nach wie vor gemacht werden.»
Stefanie Rohner
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