Gabriela Eberhard
hat eine Interpellation zur Befalggung der Stadt zur Pride 2025 eingereicht.
Bei der Flüchtlingsgedenkaktion «Beim Namen nennen», die in und um die St. Laurenzen-Kirche stattfand, wurden die Namen und die Todesursache von Flüchtenden genannt. Auf 60'000 Stoffstreifen stehen die Namen derer, die für eine bessere Zukunft in Europa ihr Leben liessen.
Erinnerung Die Liste wird länger und länger. Und immer tragischer. Wie Chika Uzor, Theologe und Seelsorger, weiss, veröffentlicht UNITED Against Refugees Death jährlich am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, die definitive Zahl der Opfer. «Seit 1993 sind über 60'000 Opfer gemeldet, wobei das letzte Jahr als das tödlichste seit 2014 in die Annalen eingehen wird», informiert Uzor.
Weil die Stadt St.Gallen am nächsten Wochenende den Begegnungstag feiert, wurde die Gedenkaktion, die nicht nur in Schweizer, sondern auch in Deutschen Städten durchgeführt wird, bereits dieses Wochenende durchgeführt. Die Aktion fand in diesem Jahr zum vierten Mal statt, doch weil die Liste der Verstorbenen immer länger wird, nicht mehr nur in und um die St. Laurenzen-Kirche, sondern auch in verschiedenen Kirchen und Moscheen im Kanton. «Ziel der Aktion ist es, den Kindern, Frauen und Männern zu gedenken, die beim Versuch, vor Krieg und anderen Lebensgefahren nach Europa zu flüchten, gestorben sind», klärt Uzor auf. Die Namen werden auf weisse Stoffstreifen geschrieben und diese an der Fassade der Kirche als Mahnmal aufgehängt. «Indem wir sie beim Namen nennen, bekunden wir unsere Trauer und geben ihnen ihre Würde als Mitmenschen zurück», konkretisiert der Projektleiter. Ausserdem gehe es darum, gegen die restriktive Flüchtlings- und Asylpolitik in Europa und in der Schweiz ein Zeichen zu setzen.
Es sei traurig und aufwühlend, dass viele der Opfer kaum identifizierbar seien. Noch tragischer aber sei die Tatsache, dass die Zahl jener, die nicht gefunden wurden, noch weit grösser sein muss als die dokumentierten 60'000 Toten. «Menschen, die keiner vermisst, von deren Verbleib niemand Kenntnis hat oder deren Angehörige immer noch davon ausgehen, dass sie leben», fügt Uzor betrübt hinzu. Und doch biete die Aktion trotz aller Trübseligkeit Platz für Freude, Gemeinschaft und Hoffnung. Viele Passantinnen und Passanten hätten überrascht und durchaus positiv auf die Aktion reagiert. Auch wenn die zahlreichen Freiwilligen, die privat oder in Gruppen mitgemacht haben, von tiefer Betroffenheit, Trauer und Wut erzählen, so spende das gemeinsame Mitgefühl auch Kraft, die Tragödie beim Namen zu nennen, zu schauen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät und dafür zu sorgen, dass sich die Bedingungen diesbezüglich verbessern.
Die täglichen Meldungen von Schiffbrüchigen im Mittelmeer und an den Grenzen Europas brachte die NGO «United for Intercultural Action» dazu, diese Todesfälle zu dokumentieren. Durch Kontakte bekam Andreas Nufer, Pfarrer der offenen Kirche Heiliggeist in Bern, Zugang zu dieser Dokumentation. «Zum Weltflüchtlingstag 2019 rief er die Aktion ins Leben», informiert Uzor, der die Aktion 2021 nach St.Gallen brachte. Mittlerweile gibt es die Aktion in zehn Schweizer Städten und seit letztem Jahr auch in sieben
Deutschen Städten. Die Aktion werde fortgeführt, weil die Asylpolitik in Europa nicht so bald menschenfreundlicher werde und es weiterhin wichtig bleibe, die Schicksale der Opfer sicht- und hörbar zu machen. «Problematisch ist der Platzmangel», erklärt der Projektleiter. «Die Stoffstreifen mit den Namen
der Opfer haben keinen Platz
mehr an der Kirchenfassade der St.Laurenzen-Kirche – sie ist komplett voll!» Langfristig möchte die Aktion sichere Fluchtwege für Menschen, die am Leib und Leben gefährdet sind und Schutz in Europa suchen. Des Weiteren fordere die Aktion die Wahrung von Grundrechten für alle Menschen und möchte die Politik und die Gesellschaft an ihre in der Verfassung verankerte humanitäre Tradition erinnern, resümiert Uzor, «und letztlich wollen wir zeigen, dass die Schweiz in der Lage ist, Mitmenschlichkeit und Solidarität mit verfolgten und gefährdeten Menschen zu praktizieren.»
Von Benjamin Schmid
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