Nina Falk
Die Schauspielgruppe ermöglicht es Laien, auf der Bühne zu stehen.
Im Tageszentrum begegnet man sich bei den gemeinsamen Tätigkeiten auf Augenhöhe. von links: Juliette Cazorzi, Monika Züllig und Frau Hölzlberger.
Als 2003 das Tageszentrum seine Türen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen öffnete, gab es in der Ostschweiz kein vergleichbares Angebot. Das niederschwellige
Genesung Was mit 15 Plätzen pro Tag startete, wurde über die letzten 20 Jahren sukzessiv ausgebaut. Heute bietet das Tageszentrum der dreischiibe 42 Tagesplätze für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen an, die interessante Tagesstruktur suchen, Kontakte wünschen und Neues lernen wollen. Ob Jung oder Alt: Personen mit einer IV-Rente oder IV-Anmeldung sind willkommen und werden herzlich aufgenommen. Das Tageszentrum legt grossen Wert auf Inklusion und Vielfalt, was zu einer lebendigen und harmonischen Atmosphäre beiträgt.
Eines der herausragenden Merkmale des Tageszentrums ist seine vielfältige Palette an Aktivitäten. Es wird gesungen, gekocht und genäht, aber auch gespielt, gegärtnert und spaziert. Von Montag bis Freitag organisieren die zehn Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter Kurse und Workshops für handwerkliche Fähigkeiten, künstlerische Tätigkeiten und gemeinschaftliche Aktivitäten. «Unsere Besucherinnen und Besucher sollen aktiv sein und dank verschiedener Tätigkeiten Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit erfahren », erklärt Monika Züllig, die seit 17 Jahren Bereichsleiterin des Tageszentrums ist. Das Programm orientiert sich an den Bedürfnissen der Besuchenden und ihren Ressourcen. «Alle haben ein Mitspracherecht », sagt Züllig. Das führe einerseits dazu, dass die Angebote zeitgemäss seien und andererseits, dass die Besuchenden eine Mitverantwortung übernehmen dürften.
Ein weiteres wichtiges Anliegen des Tageszentrums ist die soziale Interaktion. «Isolation und Einsamkeit sind häufige Begleiterscheinungen psychischer Beeinträchtigungen», sagt Züllig, «Soziale Kontakte helfen, diese Isolation zu durchbrechen und bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen zu verbinden. » Soziale Aktivitäten und Begegnungen schaffen nicht nur Ablenkung von belastenden Gedanken und Symptomen, sondern ermöglichen es den Betroffenen, positive Emotionen zu erleben und Freude zu empfinden, was zur Verbesserung der psychischen Gesundheit beitragen kann. «Das Gefühl, in der Gesellschaft anderer Menschen akzeptiert und geschätzt zu werden, stärkt sowohl das Selbstwertgefühl als auch das Selbstbewusstsein», erklärt die 60-jährige St.Gallerin. Darüber hinaus könnten soziale Kontakte dazu beitragen, Stress abzubauen und die Bewältigungsstrategien zu verbessern. Nicht zuletzt verbessere das Gruppenerlebnis die Lebensqualität der Besuchenden und unterstütze ihre Genesung.
«Wir sind überzeugt, dass unsere Besucherinnen und Besucher trotz psychischer Erkrankung ein sinnerfülltes Leben führen können», sagt Züllig. «Selbstverständlich gibt es Rückschläge und Herausforderungen, aber wir ermutigen die Menschen auf ihrem Weg.» Einerseits sollen eine positive Einstellung und der Glaube daran, dass Genesung möglich ist, gefördert werden, andererseits werden die Besuchenden motiviert, die Verantwortung für ihr eigenes Wohlbefinden zu übernehmen. «Das Tageszentrum und seine Mitarbeitenden zielen darauf ab, die Menschen zu unterstützen, ihre eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen», erklärt die Leiterin.
Auch wenn in den letzten Jahren die Akzeptanz psychischer Beeinträchtigungen in der Bevölkerung gestiegen sei, würden immer noch viele Betroffene stigmatisiert. «Die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen erfordert eine kontinuierliche Anstrengung auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene», informiert Züllig. «Sollte es das Tageszentrum eines Tages nicht mehr brauchen, weil die Integration von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen vollständig gelingt, bin ich glücklich.» Doch bis dahin sei es wichtig, das Bewusstsein für psychische Gesundheit zu schärfen und eine Kultur des Mitgefühls und der Solidarität zu fördern. Je offener und unterstützender unsere Gesellschaft in Bezug auf psychische Gesundheit sei, desto besser könnten Menschen mit psychischen Erkrankungen Unterstützung und Genesung erfahren, ohne mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert zu werden.
Von Benjamin Schmid
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