Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Am Montagmittag protestierten rund 70 Personen gegen die Massenentlassungen der St.Galler Spitalverbunde.
Am Montag protestierten Angestellte, Gewerkschaften und Verbände auf dem Klosterplatz gegen die Massenentlassungen der St.Galler Spitalverbunde. Obschon per Ende November weniger Kündigungen ausgesprochen wurden, als zunächst erwartet, ist die Kritik am Vorgehen der Spitalverbunde harsch.
Personalabbau Die vier St.Galler Spitalverbunde haben Ende September kommuniziert, aufgrund der finanziellen Situation über die nächsten Monate und Jahre Personalkosten im Umfang von rund 440 Vollzeitstellen abbauen zu müssen. Seit Anfang Oktober sammelt das Spitalpersonal daher gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden Unterschriften für eine Petition an den Regierungs- und Kantonsrat. «Die geplante Streichung von 440 Stellen in den St.Galler Spitälern ist gefährlich, denn für ein funktionierendes Spital braucht es alle: Die Reinigungsfachpersonen genauso wie die Chefarztsekretärinnen und -Sekretäre oder das medizinische, therapeutische und pflegerische Personal», heisst es in einem Schreiben des Bündnisses «Gemeinsam mit dem Gesundheitspersonal». Gesundheitspersonal und Gewerkschaften organisierten am Montagmittag eine Protestaktion auf dem Klosterplatz und reichten anschliessend die Petition beim Kantonsrat ein. In der Petition wird gefordert, die Entlassungen zu stoppen, die Finanzierung der Spitäler zu sichern, die Ausbildung durch gesicherte Finanzierung zu gewährleisten und eine gute medizinische Grundversorgung für alle sicherzustellen.
Über alle vier Spitalverbunde hinweg sind per Ende November 117 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der insgesamt rund 8'000 Mitarbeitenden von einer Kündigung betroffen. Dies entspreche 1,5 Prozent der Belegschaft oder 81 Vollzeitstellen, was deutlich weniger sei als ursprünglich angenommen, teilt der Verwaltungsrat der St.Galler Spitäler mit. «Es hat mehr Zeit in Anspruch genommen, dafür konnten wir sozialverträglichere Lösungen ausarbeiten. Gesamthaft wurden so weit weniger Kündigungen ausgesprochen als ursprünglich angenommen», so Stefan Kuhn, Verwaltungsratspräsident der St.Galler Spitäler. Neben Kündigungen seien zur Senkung der Personalkosten auch einzelne Pensen reduziert, einzelne Stellen nicht besetzt und gewisse Mitarbeiter frühpensioniert worden. Die Kündigungen erstreckten sich über sämtliche Berufsgruppen. Dabei seien mit 66 Kündigungen am meisten Mitarbeitende in der Administration und in den Supportbereichen betroffen. In der patientennahen Pflege sei 37 Mitarbeitenden, bei der Ärzteschaft 14 Mitarbeitenden gekündigt worden.
Derweil werden die Spitalverbunde von diversen Seiten für die Handhabung der Situation kritisiert. Seitens der SP Kanton St.Gallen freue man sich zwar über die Meldung, dass weniger Leute entlassen werden mussten als erwartet, sei aber weiterhin verärgert über die aktuelle Situation. «Das medizinische Fachpersonal, insbesondere die Pflege, war schon zuvor unter Druck und es wurde immer schwieriger, Stellen zu besetzen. Die aktuelle Kündigungswelle ist absolut unverständlich», sagt Bettina Surber, SP-Fraktionspräsidentin im Kantonsrat. Die aktuelle Entwicklung reihe sich aus Sicht der SP ein in eine Fehlentwicklung in der St.Galler Gesundheitspolitik. Deshalb seien mehrere Vorstösse in dieser Sache geplant. «Wir müssen für die Bevölkerung dieses Kantons eine gute öffentliche Gesundheitsversorgung bewahren. Dafür müssen wir unsere politische Verantwortung wahrnehmen», so Dario Sulzer, Vize-Fraktionspräsident der SP Kanton St.Gallen. Die Grünen des Kantons St.Gallen äussern derweil Bedenken zur Patientensicherheit. Kantonsrätin Jeannette Losa hat daher eine dringliche Interpellation zum Stellenabbau an den St.Galler Spitälern eingereicht. Sie möchte von der Regierung wissen, wie sie die Auswirkungen auf die Sicherheit der Patientinnen und Patienten sowie auf die Belastung des verbleibenden Personals beurteilt.
Auch die Gewerkschaft VPOD Ostschweiz bringt ihren Ärger in einer Medienmitteilug zum Ausdruck. Sie kritisiert, dass die Entlassungen weder koordiniert noch mit einem klaren Konzept dahinter ausgesprochen wurden: «Jedes Departement hatte eine gewisse Lohnsumme einzusparen, ohne Vorgaben. Wie schaffe ich dies am schnellsten? Ich kündige die langjährigen, älteren Mitarbeitenden, denn die sind am teuersten», schreibt die Gewerkschaft und fügt an: «Vielen Mitarbeitenden wurde gekündigt, ohne dass man ihnen intern eine andere Stelle angeboten hätte, obwohl dies laut Rahmenmassnahmenplan hätte geschehen müssen.» Der Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK Sektion St.Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden spricht im Zusammenhang mit den Massenentlassungen gar von einem Scherbenhaufen und schreibt: «Die Nichtbesetzung der Stellen durch natürliche Fluktuationen oder die Streichung noch offener Stellen führt unweigerlich zu einem Qualitätsabbau. Wir hören beim Personal von Demotivation, innerlichen Kündigungen, Ängsten, vermehrten Krankenabsenzen und vor allem von Unverständnis gegenüber dem Vorgehen der Führung. Menschen sind keine Roboter und ein Spital ist kein Industriebetrieb!»
Für die Spitalverbunde ist mit den per Ende November ausgesprochenen Kündigungen die erste Phase des strukturellen Umbaus abgeschlossen. Insbesondere durch die Schliessung des Spitals Altstätten im Jahr 2027 und den vorgesehenen Zusammenschluss der vier Spitalverbunde zu einem Unternehmen sind weitere strukturelle Reduktionen in den Stellenplänen vorgesehen, die in den Jahren 2025 bis 2027 umgesetzt werden sollen. Für die Entlassenen sieht der kantonale Rahmenmassnahmenplan unter anderem einen Lohnausgleich während maximal zwei Jahren in der Höhe von 90 Prozent – oder 100 Prozent für Unterhaltspflichtige – des bisherigen Nettolohns bei gleichem Beschäftigungsgrad vor. Zusätzlich ist eine einmalige Abfindung in der Höhe eines Monatsgehalts, unabhängig von den erhaltenen Leistungen aus dem Rahmenmassnahmenplan, festgelegt.
Selim Jung
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